Katja Kabanowa

KÁŤA KABANOVÁ

Oper in drei Akten (1921)

Musik von

Leoš Janáček

Text von

 Leoš Janáček nach dem Drama
»Das Gewitter« von Alexander Ostrowski

Eine unglücklich verheiratete Frau, die aus dem Gefängnis der Konventionen auszubrechen sucht und tragisch zugrunde geht, eine kaltherzige Schwiegermutter, der die Wahrung der Sitte wichtiger ist als Glück und Wohlergehen ihres Sohnes und seiner Frau, und der gelangweilte Neffe eines Kaufmanns – in diesem personellen Spannungsfeld spielt sich die Handlung von Janáčeks Oper ab, in atembeklemmender Enge.

»In diesem Stück ist viel Ergreifendes, slawisch Weiches, Gefühlstiefe!«, so äußerte sich der mährische Komponist, als er sich 1920 seinem sechsten Bühnenwerk, einer Oper nach Alexander Ostrowskis Schauspiel »Das Gewitter«, zuwandte. Auch diesmal hatte er mit großer Akribie und Sorgfalt den Tonfall studiert, in dem Menschen verschiedener Herkunft und sozialer Prägung sich äußern und miteinander kommunizieren – nicht nur das, was zur Sprache kommt, schien ihm wichtig, entscheidend war vor allem auch das Wie des Sprechens. In »Katja Kabanowa« bringt Janáček sein Verfahren der »Sprachmelodie« auf eine neue künstlerische Höhe. Die spezielle Atmosphäre der Figuren und ihres persönlichen wie gesellschaftlichen Umfeldes schwingen stets mit, in verdichteter und darum so eindringlicherer Form. Und am Ende singt sogar der breite Wolgastrom, und ein angstmachendes Gewitter entlädt sich mit aller Kraft. Die Natur wird zum Spiegel des menschlichen Seelenlebens.

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Handlung

ERSTER AKT
In der Kleinstadt Kalinow am Ufer der Wolga bewundert Kudrjasch die Schönheit des Flusses. Die Magd Glascha kann seine Begeisterung nicht teilen. Der Kaufmann Dikoj demütigt einmal mehr seinen Neffen Boris, einen jungen Moskauer Studenten. Kudrjasch erfährt, dass Boris seinem Onkel gegenüber zu äußerstem Respekt verpflichtet ist, sofern er und seine Schwester beim Erreichen der Volljährigkeit das großmütterliche Erbe erhalten wollen. Boris beklagt seine verpfuschte Jugend. Unglücklicherweise ist er darüber hinaus in eine verheiratete Frau verliebt, die ein engelsgleiches Lächeln besitzt, wenn sie in der Kirche betet. Ihr Name ist Katja Kabanowa. Kudrjasch warnt Boris vor dieser Liebe. Katja, ihr Ehemann Tichon, ihre Schwiegermutter (die Kabanicha) und Varvara (die Pflegetochter der Kabanicha) kommen aus der Messe mit ihren Dienstboten Glascha, Grunja und der bigotten Fekluscha. Die Kabanicha befiehlt ihrem Sohn, unverzüglich die Stadt zu verlassen und zum Markt nach Kazan zu reisen. Als fügsamer Sohn willigt Tichon ein. Die Kabanicha macht ihm dennoch Vorwürfe, dass er sie seit seiner Hochzeit mit Katja nicht mehr liebe. Katja wird von ihrer Schwiegermutter verhöhnt, als sie die Liebe beschwört, die sie deren Sohn, aber auch der Kabanicha selbst entgegenbringt, die für sie wie die eigene Mutter sei. Die Schwiegermutter versteht Katja nicht, die sich an keine Konventionen gebunden fühlt. Ein heftiger Streit bricht zwischen den dreien aus. Varvara wirft Tichon unverblümt Charakterschwäche vor, da er seine Frau nicht vor den Anschuldigungen seiner Mutter in Schutz nähme und nur ans Trinken denke.
Katja und Varvara unterhalten sich in einem Zimmer. Katja träumt von ihrer Jugend, als sie noch unbeschwert und frei wie ein Vogel lebte. Varvara sorgt sich um Katja, die ahnt, dass sie in Sünde zu geraten droht. Katja gesteht ihr, einen anderen Mann zu lieben. Sie ist verängstigt und nicht mehr Herrin ihrer selbst. Tichon erscheint, zur Abreise bereit. Katja klammert sich an ihn und beschwört ihn, nicht zu fahren oder sie mitzunehmen. Sie kann den Gedanken nicht ertragen, allein zu sein. Tichon ist ungehalten über das Verhalten seiner Frau, die sonst so beherrscht ist. Katja enthüllt ihm, dass ein Unglück bevorsteht. Sie bittet ihn, ihr das Versprechen abzuverlangen, während seiner Abwesenheit mit keinem Fremden zu sprechen, niemanden zu sehen und nicht zu wagen, an jemand anderen auch nur zu denken. Tichon versteht diesen Wunsch nicht. Die Kabanicha mahnt ihn zum Aufbruch. Ohne Reaktion nimmt er die Forderungen seiner Mutter entgegen, die ihn dazu zwingt, Katjas Verhalten während seiner Abwesenheit zu regeln. Autoritär gibt die Kabanicha ihre Anweisungen, die von ihrem Sohn folgsam wiederholt werden, dann befiehlt sie ihm abzureisen.

ZWEITER AKT
Die Kabanicha, Katja, Varvara und ihre Dienstboten sind um den Tisch versammelt. Die Kabanicha macht Katja Vorwürfe, nicht genug unter der Abwesenheit ihres Ehemannes zu leiden; sie, die sich rühme, ihn so sehr zu lieben, könne wenigstens vorgeben, dass er ihr fehle. Varvara beschließt, spazieren zu gehen. Sie hat ihrer Pflegemutter den Schlüssel zur Gartenpforte entwendet. Sie erklärt Katja, dass sie so Boris veranlassen könne, sie dort zu treffen. Katja allerdings sieht ein Unglück heraufziehen und kämpft mit sich. Als sie die Stimme der Kabanicha hört, erschrickt sie, nimmt sie den Schlüssel und versteckt ihn schnell. Diese Handlung ruft ihr ins Bewusstsein, wie stark ihr Verlangen ist, Boris wiederzusehen. Dikoj und die Kabanicha sehen sich wieder. Er will, dass sie sich um ihn kümmert, da nur sie es vermöge, sein schwaches und nachgiebiges Herz zu beruhigen. Kudrjasch wartet auf Varvara. Er ist nervös, da sie zum ersten Mal zu einem ihrer Rendezvous zu spät kommt. Boris erscheint und erklärt ihm, dass ein junges Mädchen ihn aufgefordert habe, sich an diesem Ort zu treffen. Kudrjasch erinnert ihn an seine Warnung, sich nicht leichtsinnig in die verheiratete Frau zu verlieben. Beide Männer sind wegen der Anwesenheit des jeweils anderen irritiert, als sich Varvara mit dem nur Kudrjasch vertrauten Zeichen ankündigt. Sie wendet sich Boris zu und ermahnt ihn zur Geduld, bevor sie sich mit Kudrjasch entfernt. Boris durchschaut das Zusammentreffen der beiden Verliebten. Er, der eine gewisse Aufregung verspürt, fragt sich, was ihn wohl erwartet. Katja erscheint. Boris gesteht ihr unverzüglich seine Liebe, aber Katja weist ihn zurück, verängstigt von der Sünde, die sie im Begriff ist zu begehen, die allerdings unausweichlich erscheint. Sie versucht zu widerstehen, aber das Verlangen ist stärker. Sie küsst ihn und beide umarmen sich leidenschaftlich. Sie entfernen sich, als Varvara ihnen verspricht, dass Kudrjasch sie ruft, wenn sie zurückkommen müssen. Kudrjasch macht Varvara die Gefahr bewusst, dieses Rendezvous eingefädelt zu haben. Was, wenn die Kabanicha die Täuschung bemerkt? Varvara erkennt ihren Fehler und bittet Kudrjasch, die beiden zurückzurufen. Katja und Boris kommen zurück; Katja geht allein davon.

DRITTER AKT
Einige Tage später. Kudrjasch und Kuligin kommentieren das Gewitter und die Imagination der Hölle, deren Zeugen sie sind. Dikoj erscheint, verängstigt durch das Unwetter. Überzeugt davon, dass dieses eine Strafe Gottes ist, streitet er sich mit Kudrjasch, der von einer wissenschaftlichen Erklärung überzeugt ist. Varvara vertraut Boris an, dass Tichon zurückgekehrt ist und Katja nicht mehr sie selbst sei. Sie befürchtet, dass Katja ihrem Mann die Affäre gesteht. Katja ahnt, dass das Gewitter ihren Tod ankündigt und fühlt sich verpflichtet, ihre Schuld zu gestehen. Als sie den Namen ihres Geliebten nennt, entfernt sich Boris. Tichon fühlt sich innerlich zerstört, während die immer noch grausame Kabanicha ihm entgegenschleudert, dass er diese Entwicklung hätte vorhersehen können. Tichon ist außer sich. Er weiß nicht, wie er reagieren soll, da er Katja doch immer noch liebt. Varvara und Kudrjasch sehen nur eine Möglichkeit, dem Einfluss der Kabanicha zu entkommen: die Flucht. Katja ist vollkommen verwirrt und in Gedanken schon nicht mehr auf dieser Welt. Verzweifelt ruft sie Boris, der ein letztes Mal erscheint. Ihre Worte sind zusammenhanglos. Sie bestürmt ihn, sie mitzunehmen, nimmt dies aber sogleich zurück. Boris muss abreisen. Er hat sich schon losgelöst von der Frau mit dem engelsgleichen Lächeln, in die er sich verliebt hatte. Als sie allein ist, begibt sich Katja an den Fluss zu den Vögeln und Blumen, die ihr Grab bedecken sollen. Sie geht in den Tod und vollzieht damit eine Tat, die sie schon lange als alternativlos angesehen hatte. Tichon beschuldigt die Kabanicha, für Katjas Tod verantwortlich zu sein. Die Kabanicha dankt den Leuten für ihre Anteilnahme.

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